Bakers Lefty-Strat: Fast eine Gitarre

Wir Linkshänder stehen in Sachen Wahlrecht ein wenig hintan. Es regiert Dextro-Chauvinismus an den Produkt-Displays der Musikhäuser, wir „Sinistren“ werden in die „Lefty-Corner“-Ghettos verbannt. Okay, die Produktvielfalt der Rechtshänderwelt bleibt den „Odds“ eben bis auf weiteres verwehrt, die gängigen Verkaufsschlager der großen Portfolios gibt’s trotzdem meist auch spiegelverkehrt. Doch was tut sich so am unteren Ende der Preisstaffel?

Wie so oft nach vergeblicher Suche ist eBay des Testers letzter Hafen. Ein paar Mausklicks später (und um 79,- wohlfeile Euronen ärmer) war ich dann stolzer Besitzer einer „Bakers Guitars“ Lefty-Strat.

Erster Eindruck und Verarbeitung

Die Verpackung, die ich nach langer Odyssee (ich sage nur: GLS) endlich in Händen halten durfte, unterschied sich auf den ersten Blick in nichts von denen weit teurerer Inhalte: Recycling-Pappe, trapezoid, unprätentiös. Lediglich das geringe Gewicht lässt Verdacht aufkeimen.

In den vier Wänden angelangt und von der Verpackung befreit, bestätigt der erste Eindruck die Befürchtungen, die der kleine Preis und das geringe Gewicht geweckt hatten: Von der angepriesenen Abrichtung der Bünde, professionellen Verarbeitung und Marken-Besaitung ist keine Spur zu finden. Der strat-typisch verschraubte Hals wurde ganz offensichtlich nach Augenmaß eingepasst – da passen locker noch ein paar Millimeter Billigst-Esche zwischen Hals und Korpus, die aberwitzig konkave Krümmung des Halses, seitlich scharfkantig überstehende Bundgrate und leicht oxidierte Saiten Marke „Spanndraht“ machen einige Umdrehungen mit dem (beiliegenden) Inbus-Schlüssel, einen schnellen Trip ins Musikhaus für einen 010er-Satz und fette Punkteabzüge nötig.

Ach ja: Das Pickguard lässt sich mit dem Fingernagel ablösen – die verwendeten Schrauben greifen nicht im Holz. Tztztz, Kinder, Kinder.

Wertung: 3/10

Bespielbarkeit

Bundreinheit? Denkste! Die Brücke Marke „Vintage-Klon“ scheint um ein bis zwei Millimeter zu nahe am Hals angebracht zu sein – die tiefe E-Saite macht ein Zurückstellen des Saitenreiters bis zum hinteren Anschlag notwendig. Dann endlich ist ein ausführlicher Test ohne Ohrenkrebs-Risiko möglich. Das Griffbrett hätte einen weiteren Durchgang mit dem Schleifpapier vertragen können – barrierefreies Bending ist nahezu unmöglich – hier hakelt’s gewaltig. Lästiges Saitenscheppern beseitige ich mit der guten alten „Holzhammer und Ledertuch“-Methode: Da hat wer vergessen, die Bünde wirklich ganz ins Griffbrett zu integrieren. Sei’s drum.

Das “Vintage-Tremolo” kennt man – da konnte selbst dieser Hersteller im Prinzip nicht viel falsch machen, bis auf oben erwähnte Positionierung. Exzessives Zerren, Reißen und Auszucken auf dem Jammerhaken hat die branchenüblichen Verstimmungen zur Folge, die sich hier aber in Grenzen halten. Habe ich wesentlich besser, aber auch schlechter erlebt.

Was im Laufe des Tests immer stärker auffällt, ist das extrem leichte Gewicht der Bakers-Lefty: Ich bin fast versucht, diese Gitarre schwedenmöbelmäßig “Båkerstråt” zu taufen – Tonholz ist das keines, das geschätzt 4-sekündige Sustain (bei offener Saite!) bekräftigt diesen Verdacht, aber die Wirbelsäule freut sich. Trotzdem.

Wertung: 3/10 … ach was, 2/10 *grummel*

Sound

Trocken angespielt präsentiert sich die Bakers-Lefty strattypisch hochmittig, exzessives Trotz-Bending entlockt dem (leider nicht plangeschliffenen) Rosewood-Fretboard das ebenfalls strattypische „Singen“ – und ein sofortiges Nachstellenmüssen der nicht ganz spielfreien Open-Type-Mechaniken. Sehr auffällig: einige Deadspots, vor allem zwischen zwölftem und siebtem Bund und fehlendes Sustain. Man fühlt: Dieses Ruder hat einfach zu wenig Holzdichte, der Ton verliert sich im Nirgendwo zwischen den Jahresringen des Materials.

Verstärker an, Kabel rein, den Fünf-Positionen-Schalter (Bridge – Bridge+Middle – Middle – Middle+Neck – Neck) auf „4“ und Riff: Überraschung! Die Bakers hat auf einen Sitz sämtlichen Strat-Charakter verloren. Null Bottom, dünne Mitten und Höhen. Aha! Zwischen Pickups und Saiten tut sich ein wahrer Abgrund auf. Nachgestellt bessert sich der akustische Eindruck ein wenig, Gefummel am „Presence“-Regler des Amps bringt ein wenig Ortbarkeit. Trotzdem relativ „hodenlos“, das Teil.

Wertung: 2/10

Fazit

Für knapp 80 Eier ein sinnvolles Teil zu ergattern, ist ohnehin ein Wunschtraum, der sich in diesem Fall absolut nicht erfüllt hat. Als Modding-Grundlage oder Aktionismus-Projekt („Burn, baby, burn!!“) vielleicht zu gebrauchen, als (elektro-)akustisches Instrument an sich fehlt der Bakers leider jede Daseinsberechtigung. Finger weg!

Factbox

  • Body: Esche (angeblich)
  • Hals: Ahorn
  • Griffbrett: Rosewood (from Hell)
  • Preis: 79,- Euro bei eBay
  • Zubehör: Inbusschlüssel, Jammerhaken

Positiv

  • Saubillig
  • Geringes Gewicht: kann weiter geworfen werden als Konkurrenzprodukte

Negativ

  • Alles andere

Kommentare

schön bißige zusammenfassung. weiter so!

  • 26.02.2011 um 16:59 Uhr
  • Geschrieben von haha

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